Vinyl  - wenn’s sauber und gepflegt sein soll. 
Sven Berkner´s  Plattenwaschmaschine SB 1

Wer kennt das nicht, man sitzt abends bei einem Gläschen Entspannung und lauscht der Musik – natürlich analog. Je nach Lust und Laune wird die ein oder andere schwarze Scheibe aufgelegt, die dann aus den vielen Bewerbern im Regal auserwählt wird. Mancher Gräuel, der mir beim Blick über den Zustand des Tonträgers durch die Glieder fährt, bestätigt spätestens nach dem Absenken der Nadel die Bedenken..
Es knistert mächtig los, Lagerfeuerromantik zum falschen Zeitpunkt und der nächste Waschtag der AAA ist noch weit.

Viele Überlegungen zum Eigenbau einer Waschmaschine sind geistig schon verarbeitet und warten nur auf ihre Umsetzung. Warten – wenn man beruflich  eingespannt ist, eine Familie mit zwei Kindern hat, in Foren oder Listen diskutierte Ideen sowie deren Umsetzungen lediglich in vielen Mails stehen hat und man ja eigentlich auch irgendwann Musik hören möchte, stellt man spätestens jetzt fest: Der Faktor Zeit ist nicht vermehrbar.

Die irgendwann erworbene Knosti, die anschließende Reinigung mit dem Mikrofasertuch, all das ist in weitem Sinne nicht zufriedenstellend - eine Waschmaschine käuflich erwerben ist die Alternative.
Kandidaten mit angetriebenem Absaugarm sind die Plattenreiniger schlechthin, leise, effektiv, aber bisher nicht gerade der Preiskracher, will man seine Platten in den eigenen vier Wänden sauber halten. Aufgrund der Geräuschentwicklung und der Waschergebnisse kommen andere Lösungen zur  Reinigung für mich nicht in Frage.

Durch Zufall stoße ich beim Stöbern im Internet auf eine Waschmaschine meines Kaliebers. SB 1 heißt sie und ich habe vorher noch nie von ihr gehört, aber aufgrund der Bilder und des Preises werde ich neugierig und hake nach. In einem Telefonat vermittelte man mir bereitwillig den Kontakt zum Erbauer, den ich noch  am gleichen Abend kontaktierte.

Sven Berkner, ein junger Mann, der in seiner Freizeit eine Plattenwaschmaschine in ähnlicher Manie meiner Favoriten herstellt und diese zu einem sehr attraktivem Preis anbietet.
„Sie ist aufgrund meiner Erfahrungen zu dem gewachsen, was sie heute darstellt“ erklärt er mir neben vielen Details. Nach mehreren Telefonaten und langen Gesprächen beschloss ich, die SB 1 käuflich zu erwerben und auf Herz und Nieren zu prüfen.
Mein Analoger Freund Christoph Held, der sich gerade bei Nürnberg aufhielt, besuchte daraufhin  Herrn Berkner  und brachte mir das heiß ersehnte Stück ins Rheinland.

Der erste Eindruck aus dem  Internet bestätigte sich sofort - eine solide Verarbeitung, nicht nur äußerlich. An einigen wesentlichen Punkten kommt konsequent Edelstahl zum Einsatz. Viele gut durchdachte Einzelheiten, angefangen über die Antriebe bis hin zur Absaugung, kommen bei genauerem hinsehen zum Vorschein. Überhaupt macht die SB 1 auf mich einen hochwertigen Eindruck.

Erster Einsatz am nächsten Tag.

Eigentlich wollte ich an diesem Sonntag nur einige wenige Platten reinigen, aber aufgrund des Interesses meiner Kinder und deren Eifer, immer mehr Platten herbeizuschaffen, wurde der Sonntag zu einem Mammuttest.
Nach kurzer Einweisung vollzieht unser siebenjähriger Sprössling Eric die sprichwörtlich „kinderleichte Bedienung“ der SB 1 ohne Schwierigkeit, während ihm Nico, unser Jüngster in Assistenz zur Seite steht.

Die Wäsche.

Die von Herrn Berkner mitgelieferte Waschlösung steht den mir bekannten in nichts nach. Bessere Waschergebnisse bekommt man bei einer Erwärmung der Flüssigkeit von 20 °C Zimmertemperatur auf  ca. 25 °C.
Zum Auftragen der Reinigungsflüssigkeit gibt es in der Maschine keinen Vorratsbehälter mit Pumpe. Sie wird über eine Laborflasche von Hand direkt aufgebracht und lässt sich mit etwas Übung recht genau dosieren. Hier besteht die Möglichkeit, über weitere Behälter andere Waschflüssigkeiten, beispielsweise für Schellack, bereit zu halten.
Es gibt Vorteile gegenüber Pumpen die nicht von der Hand zu weisen sind: kein Eintrocknen der Reinigungsflüssigkeit oder Verkrusten bzw. Anrosten in der Pumpe und den Düsen nach längeren Betriebspausen. Gerade mal eine Platte waschen, die man auf dem Flohmarkt ergattert hat, stellt also keine vorherige zeitaufwendige Reinigung und Befüllung der Maschine an den Betreiber. Eine Einrichtung, auf die auch aus ergonomischen Gründen verzichtet werden kann.

Der Waschbesen wird über eine Schwenkvorrichtung, welche in einer Edelstahlhülse geführt wird, auf der LP abgesetzt. Sollten sich die Bürstenhaare im Laufe der Zeit in eine Richtung gebogen haben, so kann der Besen durch lösen zweier Befestigungsschrauben um 180 ° gedreht werden, um wieder optimale Verwirbelungen auf der Platte zu bekommen. Es gibt sogar die Option, mit einem kleineren Besen (als Zubehör erhältlich) in einer eigenen Aufnahme Singels zu waschen.

Die Absaugung

Der Absaugarm ist in seiner Konstruktion einfach zu handhaben. Wie bei anderen Maschinen auch wird der Arm wird einfach in die Startposition zur Auslaufrille geschwenkt. Der Absaugvorgang, von innen nach außen, kann durch Knopfdruck unterbrochen werden, um beispielsweise im Bereich der Einlaufrille länger zu trocknen, oder während des Waschvorganges zuviel aufgetragene Waschflüssigkeit vom Label fernzuhalten. Ein Anhalten oder Verändern der Position von Hand während der Armbewegung ist ebenso möglich und beeinträchtigt dessen Funktion nicht.

Der Distanzfaden der Saugdüse wird nicht automatisch abgerollt und muss nach ca. 10 Schallplatten nachgeführt werden. Dieser wird vom Handbügel des Absaugarmes abgerollt und reicht nach Aussagen von Herrn Berkner in seiner Länge für mehr als tausend Platten. Etwas umständlich wird es, wenn dieser verbraucht ist:
Man(n) oder Frau muss den neuen Faden von Hand sauber um den Fingerbügel aufwickeln, um anschließend auch den Schutzschlauch wieder drüber zu bekommen und ein Abrollen ohne größere Komplikationen zu gewährleisten. Hier wäre sicherlich noch eine weiterführende Verbesserung angedacht.

Der Absaugvorgang dauert bei der SB 1 noch ca. achtzig Sekunden. Hier hat Herr Berkner mittlerweile den Nachfolger SB 1+  im Vertrieb, welche den notwendigen Zeitaufwand in der Absaugung auf ca. 40 Sekunden reduziert.
Für den privaten Gebrauch ist diese Dauer vielleicht unerheblich, jedoch für ungeduldige Menschen oder im kommerziellen Einsatz, beispielsweise beim Händler oder auf einer Plattenbörse mit AAA Beteiligung, sowie dem hier gerne angenommenen Plattenwaschservice ist diese Zeit schon von großer Bedeutung und beim Nachfolger SB 1+ eher als praxisgerecht zu werten.

Handhabung

Die Handhabung wird durch Kontrollleuchten auf  der Oberseite der SB 1 vereinfacht. So ist also direkt zu erkennen, ob bei der Absaugung nicht versehentlich der Vorschub des Saugarmes abgeschaltet ist. (Bei abgeschaltetem Armantrieb erlischt die „Saugen“ Leuchte). Es sind insgesamt drei Leuchten für Netz, Tellerfunktion und Saugen in einer gravierten Aluminiumplatte untergebracht, welche die Oberseite gegen Feuchtigkeit schützt und auch optisch einen sauberen Abschluss bietet.
Nach Gebrauch können Reinigungsbesen, Netzkabel sowie die Flasche kippsicher im Inneren der Maschine untergebracht werden. Hier befindet sich neben der Unterdruckpumpe und des Netzschalters auch der Auffangbehälter, welcher in bekannter Form eines leicht zu entnehmenden Einmachglases zu finden ist. Das Erreichen des maximalen Füllstandes zeigt sich in nachlassender Absaugleistung. Der Behälter sollte jedoch bei Erreichen der halben Füllmenge geleert werden.
Die Unterdruckpumpe ist in ihrer Saugleistung ausreichend dimensioniert, positiv fällt die sehr geringe Geräuschentwicklung der Maschine bei der Absaugung auf. Außer ihrer guten Bedämpfung ist die Maschine funkentstört und deren Elektrik sicher in einem geschlossenen Kanal untergebracht.
Der Wartungsaufwand beschränkt sich eigentlich auf das Kontrollieren bzw. Entleeren des Auffangbehälters. Der Distanzfaden ist nach ca. eintausend Platten zu ersetzen. Weiterhin sollen die Steckführungen des Besens ab und an mit etwas Öl benetzt werden.

Das Waschergebnis:

Nach der Reinigung begutachtete Platten weisen keinerlei Druck- oder Schleifspuren insbesondere an der gut überschaubaren Auslaufrille auf, welches ich als positives Zeichen über den Kontaktbereich an der Saugdüse zum Vinyl werte. Vorraussetzung ist sicherlich auch die richtige Austarierung des Saugarmes, wie es in der Anleitung beschrieben ist. Je nach Verschmutzungsgrad ist die Einwirkung der Flüssigkeit und somit auch die Dauer der Reinigung abhängig. In der Regel reichen bei Zimmertemperatur Zeiten zwischen 0,5 und 2 Minuten Waschzeit. Eine Temperaturerhöhung verbessert die Waschergebnisse.
Bei stark verschmutzten oder ehemals nass abgespielten Platten ist eine wiederholte Anwendung empfehlenswert. Sollte sich während des Abspielens der gewaschenen Platte eine Ablagerung an der Nadel bilden, wäre dieses ein Zeichen von Schmutzresten in der Rille.
Nach der Wäsche sollte man unbedingt dem Vinylschätzchen eine neue Schutzhülle gönnen, um das saubere Ergebnis nicht durch die verschmutzte, alte Innenhülle wieder zu egalisieren.
Für Sammler passt eine bedruckte Originalinnenhülle eigentlich immer zusammen mit der Neuen in das Cover hinein.

Fazit:

Herrn Berkner hat mit der SB1 eine gut durchdachte und alltagstaugliche Maschine entwickelt und seine Ideen praxisgerecht umgesetzt. Nach über neun Stunden Dauereinsatz, welche die Waschmaschine ohne mit der Wimper zu zucken wegsteckt, ist eine Erwärmung über das Übliche hinaus nicht feststellbar, und die Waschergebnisse stehen meinen Favoriten in keiner Weise nach. Als zusätzliches Feature fällt an der SB1 der abschaltbare Saugarmvortrieb auf, eines der vielen Details, die dieses Gerät zu einer durchdachten Profimaschine hervorheben.

Als jüngster Schritt ist das ohnehin schon gute Finish der SB 1+ durch Wechseln des Gehäusezulieferers weiter verbessert worden. Einzig die Aufbringung des Fadenvorrates gestaltet sich etwas aufwendig.

Der Preis ist in Anbetracht des getriebenen Aufwandes mehr als fair und in jeder Hinsicht gerechtfertigt.
Nach diesem Schritt genieße ich die frisch gewaschenen Schätzchen, ohne weitere Zeit mit Plänen an einen Selbstbau zu verschwenden - die Lagerfeuerromantik durch verschmutztes Vinyl gehört nun der Vergangenheit an.

Ein Jungbrunnen, nicht nur für älteres Vinyl, denn selbst bei neuen Platten werden oft erst nach Beseitigung der Trennmittelrückständen durch die richtige Reinigung alle Informationen aus der Rille hörbar.
Die richtige Justage vorrausgesetzt erreicht man durch saubere Schallplatten ebenfalls längere Standzeiten des Diamanten und erhöht die Lebensdauer unserer geliebten Tonträger. Lediglich zerstörte Platten kann Selbst die beste Wäsche nicht mehr retten.

Die Investition in eine SB 1 genießt meine uneingeschränkte Empfehlung.
Eine solide, leistungsfähige Technik für langfristig störungsfreien Betrieb.
Von A bis Z „Made in Germany".

Thomas Schmitz